535 Meter kurz, 18,5 Prozent Gefälle: Der Gebirgslandeplatz im französischen Courchevel ist einer der wundersamsten Flugplätze Europas.
Die Piste ähnelt einer dieser beliebigen Skiautobahnen für gelegentliche Wintersportler. Breit, schnurgeradeaus, mittendrin eine Bodenwelle für das ganz besonders gute Gefühl. Nur ein bisschen zu kurz geraten ist sie, im Vergleich zu den Skiabfahrten rundherum. Die Piste ist ja auch ein Flughafen in den französischen Alpen. Anflug auf „Altiport Courchevel“: Altiport. Hoher Hafen. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Der Flughafen des Skiortes Courchevel liegt auf einer Seehöhe von immerhin 2000 Metern. Fast auf Augenhöhe führt die Platzrunde im Flugzeug vorbei an Skiliften und schneebedeckten Hängen. „The runway is clear“, schnarrt es durch den Funk. In einer schneidigen Kurve nähert sich die Maschine der Landebahn. Durch das Cockpitfenster zeigt sich eigentlich nur eine schneebedeckte Kante. So, als habe ein Pflug einen Haufen Schnee am Straßenrand zusammengeschoben. Direkt darunter zieht sich ein Wald hinab in eine Schlucht, die quer zur Piste verläuft. Hier, über der tiefsten Stelle der Schlucht, ist der Punkt der Entscheidung. Denn 800 Meter vor dem Beginn der Piste kann der Pilot das Landemanöver gerade noch abbrechen und wegdrehen. Danach ist es zu spät. In einem präzisen, von Lichtsignalen begleiteten Winkel nähert sich die Maschine dem schraffierten Asphalt. Es hat nur den Anschein, als sei das Flugzeug noch viel zu hoch, denn schon knapp hinter der Kante setzt es etwas ruppig mit den Hinterrädern auf dem Asphalt auf, dann mit dem Bugreifen. Und dann muss der Pilot plötzlich beschleunigen – oder „ziehen“, wie es im Piloten-Sprech heißt. Weil es wieder bergauf geht. Bergauf mit einer Steigung von immerhin 18,5 Prozent. Während das Flugzeug oben auf der Plattform neben dem Tower langsam ausrollt, sieht man neben der Start- und Landebahn Skifahrer talwärts gleiten. Eine groteske Mischung.
Courchevel ist für Piloten bis heute etwas besonderes. Ein Platz für Helden. Eine Herausforderung. Ein fliegerisches Kunststück. Noch heute wird besonders staunend über die „Courchevel-Piloten“ gesprochen, die mit einem Verkehrsflugzeug des Typs Dash 7 von Innsbruck aus in den 80er- und 90er-Jahren regelmäßig Courchevel angeflogen sind. Zweieinhalb Jahre und unzählige Starts und Landungen hat es gedauert, bis die Fluggesellschaft Tyrolian dafür von den französischen Behörden überhaupt eine Zulassung bekommen hatte. Noch heute fragt einer der damaligen Tyrolian-Helden, Gerhard Beer, stolz: „Wo auf der Welt landete und startete bis dahin ein größeres Verkehrsflugzeug auf einer Piste, die bis zu 18,5 % Gefälle aufwies.“ Und selbst er hat sich nicht kein einziges Mal getraut, das Flugzeug im steilen Teil anzuhalten und zu schauen „wie viel Leistung ich brauche, um wieder anzurollen“. Enstanden war der Linienverkehr übrigens nur, weil der damalige Bürgermeister von Courchevel vor den Olympischen Winterspielen 1992 in Albertville darauf drängte, unbedingt in den regelmäßigen Flugbetrieb aufgenommen zu werden – mit Anschlüssen nach Innsbruck und Paris.