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 Tagesgeschehen und Politik
Giuseppe ( gelöscht )
Beiträge:

26.07.2008 22:47
Was Sarkozy von den Iren lernen kann Zitat · Antworten

Im Vorfeld seines Besuches in Irland übte der französische Staatspräsident Nicholas Sarkozy scharfe Kritik am Abstimmungsverhalten der Iren zum EU-Reformvertrag. Kaum auf der grünen Insel angekommen, hieß es: "Ja, so habe ich das doch gar nicht gemeint!"

Das eigentliche Problem sind aber weder Herr Sarkozy noch die Iren, sondern eher ein durchgehendes Demokratiedefizit in der EU. Man kann nicht bei jeder Gelegenheit die "Flagge der Demokratie" hoch halten und dann sagen: "Das Ergebnis Eurer Abstimmung passt uns aber nicht!" Auch latente Hinweise einiger europäischer Regierungschefs, dass kaum ein anderes Land so sehr von der EU profitiert hat wir Irland, waren hier fehl am Platze. Für diese Ablehnung gab es seitens katholischer Bevölkerungsgruppen, aber auch von Landwirten und Gewerkschaften, gewichtige Gründe, nicht zuletzt wohl mangelndes Vertrauen in die "globale Zukunft".

Zum oben angeführten europäischen Demokratiedefizit muß gefragt werden, ob wirklich in allen Fällen eine parlamentarische Demokratie ausreicht. Bedarf es -so wie in Irland- in Grundfragen nicht doch eines Plebiszits, also einer Volksabstimmung, in allen Ländern der EU?

Entscheidungen in so grundlegenden Angelegenheiten wie einem EU-Reformvertrag sollten nicht allein den nationalen Parlamenten überlassen werden. Über die in Lissabon ausgehandelten Reformen müsste in allen 27 EU-Staaten das Volk selbst abstimmen. So gesehen hätte man von Irland lernen können.

Den drei Millionen stimmeberechtigten Iren war nämlich eine wirkliche Meinungsäußerung möglich! Daran sollten Sarkozy und die anderen denken, wenn sie kritisieren, dass diese drei Millionen Iren 495 Millionen Einwohner der anderen EU-Länder blockieren. Nebenbei bemerkt, ich fühle mich überhaupt nicht blockiert! Wie sehr der Reformvertrag umstritten ist, ersieht man auch daran, dass Großbritannien für seine Zustimmung regelrecht weichgeklopft werden musste, dass der polnische Stattspräsident voläufig die Unterschrift verweigert und dass in Tschechien die Ratifizierung durch das Parlament noch in den (europäischen) Sternen steht.

Die Ignorierung der Volksmeinung gab es auch schon bei anderen brisanten Gelegenheiten. Allen dürfte noch die Einführung des Euro in Erinnerung sein, die wir, ohne uns dagegen wehren zu können, hinnehmen mussten und die so betrachtet eher eine "Währungsreform" war. Aus solchen "Verordnungen" sollten die Politiker etwas lernen: Das vereinte Europa darf nicht von oben "über uns kommen", sondern es muss durch die Völker gestaltet werden.

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