Zugspitzlauf endet mit dem Tod zweier Bergläufer M2b Redaktion am 14.07.2008 - 14:24 Uhr 550 Sportler brachen am Sonntagmorgen aus dem österreichischen Erwald in Richtung des höchsten Berges Deutschlands auf. Der 14,7 Kilometer lange Weg führte jedoch nicht für alle zu einem erfolgreichen Ende. Zwei Starter brachen noch auf dem Weg zusammen und konnten auch von den Ärzten der eintreffenden Bergwacht nicht mehr wiederbelebt werden.
Viele Athleten schlecht ausgerüstet Die erwarteten Anstrengungen des zum achten Mal stattfindenden Laufes veranlassten die meisten Sportler dazu, sich in kurzen Hosen und Shirt auf den Weg zu machen. Trotz einer Wetterwarnung des Veranstalters auf dessen Homepage wurde das Rennen wie geplant veranstaltet. Dies führte allerdings zu heftiger Kritik von Seiten der Bergwacht - die Extrembergläufer hatten unterwegs mit bis zu zehn Zentimetern Neuschnee und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zu kämpfen.
Zusammenbruch auf über 2500 Metern Höhe Die beiden Aktiven, die das Rennen nicht überlebten, ein 41-jähriger aus Witten und ein 45-jähriger aus Ellwangen, brachen bei 2.800 und 2.700 Metern, tragischwerweise also kurz vor dem Ziel, zusammen. Die über 100 Retter, die zur Unterstützung eilten, mussten sich aber nicht nur um die zwei Opfer kümmern: Zahlreiche Teilnehmer erlitten Unterkühlungen und Schwächeanfälle. Einige Medienvertreter sprechen gar von mehreren Wiederbelebungen.
Bedauerlicherweise ist jetzt das eingetroffen, was erfahrene Alpinisten schon lange befürchtet haben. Die Opfer sind zwar zu beklagen, aber sie haben auch in unglaublichem Leichtsinn gehandelt, für den den sie niemanden anders als sich selbst verantwortlich machen können.
Sie haben eine der elemantarsten Grundregeln ausser acht gelassen: Am Berg ist man nicht im Stadtpark, sondern in lebensfeindlicher Umgebung.
Das, was denen passiert ist, weiss eigentlich jeder Bergsteiger: Ich kann bei 35° im Tal starten, und oben im Schneesturm ankommen - und das kommt gar nicht mal so selten vor. Und die waren sogar noch gewarnt worden.
Immer mehr Menschen kommen in die Berge, die meiner Meinung dort oben nichts zu suchen haben, bzw. die nicht wissen, in was für einer Umgebung sie sich bewegen.
Berge sind nunmal urtümliche Natur - mit all ihrer Schönheit - aber auch mit all der Macht und Härte, die auf ein einzelnes Leben keine Rücksicht nimmt.
Berge sind für mich keine blossen Steinhaufen, sondern gute Freude.
Aber ich weiss auch, dass meine Freunde sehr, sehr grausam werden können.
Und so geht es vermutlich jedem ernsthafen Alpinisten, und er weiss auch, auf was er sich einlässt, wenn er seine Freunde besucht.
Wenn nun jemand so blauäugig ist, und zu einem Lauf, der auf beinahe 3000 m Höhe endet, in Turnhosen und T-Shirt (ohne zumindest einen Windschutz dabei zu haben) startet, dem zudem auch noch per Wetterbericht mitgeteilt wird dass es vermutlich oben schneit....
Man will jetzt den Veranstalter dieses Laufs verantwortlich machen, weil er den Lauf nicht abgebrochen hat. Das ist blinder Aktionismus und bringt garnichts. Ignoranten, die nicht wissen was sie tun wird es immer geben.
Das wäre ja gerade so: Wenn jemand mit 120 km/h, besoffen, nachts, ohne Licht aus einer scharfen Kurve fliegt, und dann die Regierung dafür verantwortlich macht, weil in deren Auftrag ja die Strasse gebaut wurde.
Hans-Otto
PS.: Ich kopier Euch hier ein Interview mit dem wohl berühmtesten Bergsteiger, Reinhold Messner, hinein. Seine Worte kann ich nur unterstreichen:
Der Lauf auf die Zugspitze wurde zwei Männern zum Verhängnis. Nun fordert der Bergsteiger Reinhold Messner ein Verbot dieses Extremsports. "Bergsteigen hat nichts mit Wettlaufen zu tun", sagte er im stern.de-Interview. "Der Berg ist missbraucht worden."
Herr Messner, was war Ihr erster Gedanke, als sie von dem Unglück auf der Zugspitze, wo zwei Menschen bei einem Berglauf verunglückt sind, gehört haben? Es tut mir natürlich wahnsinnig leid, wenn zwei junge, kerngesunde Menschen zu Tode kommen. Ich will niemandem eine Schuld zuweisen, weder dem Veranstalter, noch den Teilnehmern, aber beide haben etwas getan was am Berg absoluter Blödsinn ist. Das Bergsteigen hat nämlich nichts mit Wettlaufen zu tun. Bergsteigen ist nicht die Kunst, den Gipfel so schnell wie möglich zu erreichen, sondern es geht darum, in kritischen Situationen zu überleben. Aber die Überlebensfähigkeit haben wir nicht, wenn wir uns von wem auch immer in einen Wettlauf treiben lassen. Beim Bergsteigen geht es um Eigenverantwortung. Ich muss entscheiden, wo und wie ich hinaufsteige. Ich entscheide, wann ich umdrehe. Beim Bergsteigen ist allein der Berg Gesetzgeber und nicht irgendwelche Veranstalter.
In den vergangenen Tagen sind Vorwürfe gegen den Veranstalter des Berglaufs laut geworden, auch die Staatsanwaltschaft ermittelt. Trägt der Organisator aus Ihrer Sicht die Verantwortung für die zwei Todesfälle? Ein Bergsteiger geht nicht auf Kommando eines Veranstalters auf die Zugspitze, sondern nur wenn er Lust hat und das Wetter gut ist. Aber hier liegt das Problem. Die Leute besteigen die Berge nicht um des Berges willen, sondern weil jemand etwas organisiert hat und ein Programm anbietet. Die Leute sind wie die Lemminge ins Verderben, in eine Dummheit hineingelaufen. Die Verantwortung liegt in diesem Fall bei beiden: Organisatoren und Teilnehmern. Niemand wurde gezwungen, bei diesem Humbug mitzumachen.
Sowohl das Bergsteigen als auch die Bergläufe sind, wenn auch ganz unterschiedlich, Extremsportarten. Können Sie den Reiz an diesen Läufen teilzunehmen, nachvollziehen? Ich warne davor, das Bergsteigen und die Bergläufe in einen Topf zu werfen. Das Bergsteigen ist genau das Gegenteil. Der Bergsteiger ist Initiator seiner Tour und sein eigener Schiedsrichter. Niemand schreibt ihm ein Programm vor, niemand kann ihm die Eigenverantwortung abnehmen. Alles, was der Bergsteiger tut, macht er aus freien Stücken. Deshalb kehrt ein Bergsteiger, der ja seinem eigenen Rhythmus folgt, rechtzeitig um, wenn es stürmt, blitzt oder zu kalt wird. Aber wenn mir jemand sagt, er hätte eine Piste vorbereitet und er hätte alles bis zum Gipfel vorbereitet, gehe ich leicht Risiken ein, denen ich mich normalerweise nicht aussetzen würde.
Sie haben überhaupt kein Verständnis für die Herausforderung des Wettbewerbes? Doch, aber ich würde so etwas nie tun. Ich habe als junger Mensch Bergläufe gemacht, um mein Herz und meine Lunge zu trainieren. Ich war dabei aber immer allein. Ich verstehe überhaupt nicht, warum man zu Hunderten in den Bergen rumlaufen muss. Sobald ich mich am Berg auf einen Wettbewerb einlasse, tendiere ich dazu, die Gesetze des Berges nicht mehr zu respektieren. Man läuft in die Falle der Selbstüberschätzung. Wer damit befasst ist, vor allen anderen anzukommen, kann nicht zugleich auf die nötigen Sicherheitsvorkehrungen achten.
Ärgert es Sie, dass die Leute in unprofessioneller Ausrüstung, viele trugen lediglich kurze Hosen und Turnschuhe, einen Berg besteigen wollen? Nein, das will ich nicht kritisieren. Aber das Wettlaufen am Berg ist nicht vernünftig. Das kann man in der Halle machen, aber der Berg ist für Veranstaltungen zu gefährlich. Sicherlich kann man diese Bergläufe auf Hügel bei München machen, aber nicht auf richtig hohe Berge. Dass heißt Bergläufe auf solch hohe Berge wie die Zugspitze gehören aus Ihrer Sicht gänzlich abgeschafft? Richtig. Das ist nicht notwendig.
Ärgert diese Respektlosigkeit vor dem Berg Sie persönlich? Es macht mich betroffen, wenn Leute nicht verstehen, was ein Berg ist. Das ist doch keine Attrappe oder eine Kletterwand auf dem Sportplatz. Der Sportplatz ist doch eigens präpariert für den Wettlauf, aber nicht der Berg. Die Tibeter zum Beispiel, schicken den Bergsteigern im Himalaya zum Abschied einen Gruß. Es ist eine Art Wunsch, der heißt 'Kalibé!'. Das heißt übersetzt in etwa, 'Immer ruhigen Fußes!' Am Berg kann ich nur überleben, wenn ich mich nie verausgabe. Ich muss immer fähig bleiben bei einem Wetterwechsel zur letzten Basis zurückzukehren. Dass die Leute da hinauf gelaufen sind, stört mich. Der Berg ist zu etwas missbraucht worden, wozu er nicht geschaffen ist, auch in tausend Jahren nicht.
per aspera ad astra (über rauhe Pfade zu den Sternen)
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