Bei "News.de" habe ich folgenden Beitrag gefunden, der mir voll aus dem Herzen spricht und über den ich gerne hier mit Euch diskutieren will.
Die Krise stellt alles auf den Kopf. Auch die Sprache. Begriffe werden neu geschaffen oder bekommen eine neue Bedeutung. Eine kritische Betrachtung zeigt: Wörter werden vor allem genutzt, um den Menschen Sand in die Augen zu streuen.
«Die Sprache ist die Mutter, nicht die Magd des Gedanken», hat der österreichische Satiriker Karl Kraus festgestellt. Wie wir sprechen, verrät, wie wir denken. Wie wir zu einer Sache stehen, hängt auch davon ab, wie wir diese Sache bezeichnen. Deshalb wird mit Sprache auch Politik gemacht. Im Fall der Wirtschaftskrise zeugen die Begriffe, die derzeit die Schlagzeilen bestimmen, von Ohnmacht, sogar Menschenverachtung. Doch gehen wir, weil man in solch chaotischen Zeiten ja Sicherheit sucht, der Reihe nach vor, alphabetisch.
Abwrackprämie (die, Subst.; Lieblingswort von Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie): Das ist schon erstaunlich. Durch die Abwrackprämie bekommt man Geld dafür, dass man etwas zerstört. Böse formuliert: Dieses Gefühl kennen sonst nur Manager von Hedge-Fonds.
Doch hier sind es Steuergelder, die verpulvert werden. Und zudem haben einige Politiker sogar die Dreistigkeit, diese Subvention als «Umweltprämie» zu verkaufen. Das ist der Gipfel der Augenwischerei. Eine ehrliche Bezeichnung wäre wohl: «Gnadenbrot für die Autoindustrie, von der alle wissen, dass sie sterben wird, die aber noch zu groß und zu mächtig ist, um das öffentlich verkünden zu können. Zumal wir keine Ahnung haben, wie wir das Problem der Mobilität lösen wollen, wenn kein Öl mehr da ist.»
alternativlos (Adj.; Lieblingswort von Angela Merkel, Bundeskanzlerin): Zwangsverstaatlichung, Milliardenbürgschaften, Rekordverschuldung: Alles ist angeblich «alternativlos». Das ist Humbug. Es ist eine Bankrotterklärung der Politik. Immer, wenn man Ja sagt, kann man auch Nein sagen. Die Suche nach anderen Wegen gehört zur Verantwortung von Politikern und einer Gesellschaft.
Man kann Firmen pleite gehen lassen, man kann die Bauern verprellen, man kann => Banker-Boni verbieten. Man kann nur nicht absehen, was das für Folgen hätte. Man riskiert damit womöglich, dass die Grundfesten der Gesellschaft erschüttert werden. Doch gerade in Deutschland sollte man sich klar machen, dass kein System für die Ewigkeit Bestand hat. Es leben in unserem Land noch genug Menschen, die DDR, Drittes Reich und sogar die Weimarer Republik und das Kaiserreich erlebt haben. All diese Systeme hielten sich für alternativlos. Doch sie sind gescheitert - und heute sind wir froh darüber.
Jedes Mal, wenn jemand in diesem Land «alternativlos» sagt, ist das deshalb auch eine Ohrfeige für die Intellektuellen der Republik. Dass niemand mehr die Fantasie hat, sich eine andere Gesellschaft vorstellen zu können, oder gar konstruktive neue Wege aufzuzeigen für eine Lösung der Missstände, die jetzt offen zu Tage treten, sollte die Herren Grass, Sloterdijk & Co. in tiefste Selbstzweifel oder hektische Betriebsamkeit stürzen. Doch von der Intelligenz gibt es nur Schweigen. Sie ist damit nicht alternativlos, sondern nutzlos.
Anlegerschutz (der, Subst.; Lieblingswort von Manfred Weber, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken): Hier wird so getan, als müssen man die Anleger, verharmlosend «Sparer» genannt, vor den Märkten schützen. Doch die => Krise hat gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist. Es gilt, sich endgültig von dem Gedanken zu verabschieden, dass Geld das beste Mittel ist, um noch mehr Geld zu verdienen.
Denn genau diese Mentalität hat dazu geführt, dass Unternehmen immer mehr auf kurzfristige Renditen aus sind, dass in der Finanzwirtschaft immer höherer Risiken eingegangen wurden und dass nun Arbeitnehmer und Steuerzahler dafür gerade stehen müssen. Jeder, der Aktien kauft, Zinsen für sein Tagesgeld will oder in Fonds als Altersvorsorge investiert, muss sich im Klaren sein, dass am Ende dieser Kette immer ein Unternehmen steht, das dieses Geld erwirtschaften muss - im Zweifel geschieht das über Entlassungen, Dumping-Löhne oder Schmiergeldzahlungen.
Eine funktionierende Wirtschaft braucht Kapital und gesunde Renditen für den Einsatz von Kapital. Aber sie braucht auch Transparenz, Regeln und Verantwortung. So lange es nichts davon gibt, gilt: Die Wirtschaft und die Gesellschaft muss vor den Anlegern geschützt werden.
Bad Bank (die, Subst.; Lieblingswort von Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister): Ein wunderbarer Pleonasmus. Gibt es irgendwo eine gute Bank? Und was passiert hier eigentlich? Da hat jemand Dinge gekauft, die er jetzt nicht mehr los wird, die sich als wertlos erweisen. Und der Staat tut jetzt so, als würden diese Dinge bestimmt irgendwann wieder ganz wertvoll, nimmt sie ihm erst einmal ab und bürgt dafür mit Steuergeldern. Das ist, als würden sämtliche Bundesbürger mit dem Gerümpel, das in ihren Kellern und auf ihren Dachböden lagert, zum Finanzminister kommen und den Neupreis für all den Kram verlangen.
Banker-Bonus (der, Subst.; Lieblingswort von Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank): Das Wort kommt aus dem Lateinischen und bedeutet «gut». Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen. Wie gut das alles war, was die Finanzbranche in den vergangenen Jahren getrieben hat, sehen wir jetzt.
Krise (die; Subst.; Lieblingswort von Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbandes): Es ist noch nicht lange her, da wurde noch fleißig diskutiert, ob es nun «nur» eine Finanzkrise oder «schon» eine Wirtschaftskrise ist. Dieselben Politiker, die damals abwiegeln wollten, behaupten nun, die Wirtschaft sei existenziell auf die Finanzbranche angewiesen, weshalb deren Rettung => alternativlos sei.
Doch man muss fragen: Erleben wir gerade wirklich eine Krise? Oder nur die logische Konsequenz dessen, was wir jahrelang propagiert oder ignoriert haben? Das griechische Wort «krisis» bedeutet auch «Zuspitzung» und der Duden sieht in einer Krise den «Höhe- oder Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung». Insofern darf man fragen: Wann hat eigentlich die letzte Generation ohne Krise gelebt? Und wird jemand von uns noch einmal eine Epoche ohne Krise erleben? Konjunkturprogramm (das; Subst., Lieblingswort von Karl-Theodor zu Guttenberg, Wirtschaftsminister): Das klingt doch schön. Es vermittelt den Eindruck von «Wir tun was.» Doch das ist Augenwischerei. Der Staat hat es jahrelang versäumt, richtig in die Wirtschaft einzugreifen, nämlich durch das Schaffen von Rahmenbedingungen, durch Regulierung und Schranken. Das hat fatale Folgen gehabt. Und jetzt greift der Staat falsch in die Wirtschaft ein, durch das Aushebeln von Marktkräften, Wettbewerbsverzerrung und künstliches Am-Leben-Erhalten unprofitabler Branchen oder durch die => Abwrackprämie. Das alles geschieht auch noch auf Pump, also auf Kosten der zukünftigen Generationen. Wer sich das klar macht, erkennt: Abwracken muss man nicht nur alte Autos.
Pleitebank (die, Subst.; Lieblingswort von Richard Fuld, letzter Chef der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers): Im vergangenen Jahr hat die Gesellschaft für deutsche Sprache «notleidende Banken» als Unwort des Jahres gewählt. Inzwischen ist aus der Not bei manchem Geldinstitut eine Pleite geworden. Man könnte es fast schon als Gerechtigkeit empfinden, dass den Banken, die sich jahrzehntelang mit dem Geld anderer Leute eine goldene Nase verdient haben, nun die Unermesslichkeit der eigenen Gier zum Verhängnis geworden ist. Wenn von den Folgen nicht die Existenzen so vieler Menschen betroffen wären, die nie etwas mit Hypotheken, Derivaten oder Rating-Agenturen zu tun hatten.
soziale Unruhen (die, Subst.; Lieblingswort von Michael Sommer, Bundesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes): Es sah ein bisschen lächerlich aus, als der DGB-Chef von drohenden sozialen Unruhen sprach und im Hintergrund ein paar Versprengte mit Trillerpfeifen den Aufstand probten. Das Land stand auch nicht am Rande einer Revolution, als sich die Frau, die gerade Staatsoberhaupt werden wollte, nicht eindeutig von dieser Warnung distanzieren wollte. Doch blickt man zurück, muss man sich durchaus fragen: Warum bleiben die Menschen eigentlich so gelassen?
Denn was ist passiert seit der letzten => Krise, die damals bloß Rezession hieß? Deutschland sollte sich der Globalisierung stellen, wettbewerbsfähiger werden, hieß es damals. Alle kamen den Unternehmen entgegen, es gab Steuererleichterungen, moderate Tarifabschlüsse und Stellenabbau. Das zeigte Wirkung: Die Gewinne stiegen, die Kurse kletterten. Davon hatten zwar die Arbeitnehmer nichts, doch bei den Managern wurde die Lust auf mehr geweckt - noch mehr Geld durch noch mehr Verschlankung und noch mehr Risiko. Bis das Kartenhaus zusammenbrach und Hunderttausende um ihre Jobs fürchten mussten.
Zusammengefasst: Der kleine Mann, der den Reibach erst möglich gemacht hat, hatte nichts davon, muss jetzt aber die Folgen ausbaden. Die Manager, die den Schlamassel zu verantworten haben, haben ihre Schäfchen längst ins Trockene gebracht. Und die Politiker, die das, was sie jetzt «Exzesse» nennen, erst legalisiert haben, sind so sehr darin verstrickt, dass ihnen die Hände gebunden sind. Für sie sind die Manager => systemrelevant, nicht die Gerechtigkeit.
Staatshilfe (die, Subst.; Lieblingswort von Oskar Lafontaine, Chef der Linkspartei): Hurra, der Staat hilft! Oder er soll helfen. Unternehmen, die sich übernommen haben (Schaeffler, Porsche). Firmen, die kein vernünftiges Geschäftskonzept mehr haben (Karstadt, Hertie). Marken, die wegen der Kreditklemme auf den Märkten ins Strudeln geraten sind (Märklin, Schiesser). Gerade im Wahlkampf machen sich Politiker da gerne zum Fürsprecher.
Sie vertrösten, versprechen, verhandeln. Nur eins tun sie nicht: verantworten. Weder die Schuldenberge, die sie durch ihre angeblichen Rettungsmaßnahmen anhäufen. Noch die Tatsache, dass sie jahrelang zugeschaut und mitgewirkt haben an der Entwicklung, die sie jetzt beklagen. Eine wirkliche Staatshilfe (Hilfe vom Staat und Hilfe für den Staat) wäre es, wenn die Politiker endlich vernünftige, gerechte und transparente Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schaffen und dem Markttreiben ansonsten freien Lauf lassen würden. systemrelevant (Adj.; Lieblingswort von Axel Wieandt, Vorstandsvorsitzender der Hypo Real Estate): Das Schlüsselwort der => Krise. In diesen 14 Buchstaben steckt eine Menge. Die Unfähigkeit, in historischen und politischen Dimensionen außerhalb des aktuellen Systems zu denken. All die Verstrickungen der Politik, die ihr gerade die Handlungsfähigkeit zu rauben scheinen. Und vor allem die Erkenntnis, dass das System offensichtlich Selbstzweck geworden ist.
Wer sich wie die Hypo Real Estate so tief in die Abgründe der Finanzbranche stürzt und so riesige Verluste macht, dass eine Pleite einen Domino-Effekt auslösen würde, der ist systemrelevant und wird gerettet - koste es, was es wolle. Wer jahrelang einfach nur sein Bestes an seinem Arbeitsplatz gegeben hat, der ist es nicht - wie Tausende Mitarbeiter von Karstadt oder Opel.
Dass sich die Menschen einst ein Staats- und Wirtschaftssystem gewählt haben, das ihnen dienen sollte (und nicht umgekehrt), scheint derzeit vergessen zu werden. Jedes System ist nur so lange relevant und legitimiert, wie es den Menschen hilft. Kein System hat einen Wert nur dadurch, dass es existiert. Aber jeder Mensch.
Was mich persönlich an der ganzen Sache aber am Meisten nervt, ist die Frechheit dieser sogenannten "Oberen", das Volk dem sie eigentlich dienen sollten für so unsäglich blöd und einfältig halten und denken: "die Deppen merken ja eh nichts"
Hans-Otto
per aspera ad astra (über rauhe Pfade zu den Sternen)
Ja, das ist schon wirklich krass, aber das blöde Stimmvieh ämdert ja nichts. Es ist still und leise - und wirft seinen Zettel in etwas, was sowieso schon Urne genannt wird. Asche zu Asche. Staub um Staube - oder doch nicht??? Ein einig Volk kann doch so laut sein - warum nicht nach der Wiedervereinigung? Warum nicht???